Maria, Josef und Jesus ohne Gesicht - wie Brüssel mit einer inklusiven Weihnachtskrippe provoziert

Mitten auf der Grand-Place von Brüssel steht nun eine neue Weihnachtskrippe, die sicher nicht für Festtagsstimmung sorgt: Statt traditioneller Holzfiguren zeigt die Installation «Les Étoffes de la Nativité» lebensgroße, aus recycelten Stoffen gefertigte Silhouetten ohne erkennbare Gesichter.

Die Designerin und Innenarchitektin Victoria-Maria Geyer setzte dieses Experiment um; Auftraggeber waren die Organisatoren der städtischen Winterveranstaltung "Plaisirs d’Hiver" in Zusammenarbeit mit dem städtischen Kulturprogramm. Die Stadtregierung und die lokale katholische Kirche gaben dem Entwurf ihre Zustimmung.

Kritik auch an den hohen Kosten

65.000 Euro kostete die Umsetzung, eine Summe, die Fragen nach Prioritäten und öffentlicher Transparenz aufwarf. Kritiker monieren, dass in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und drängender kommunaler Aufgaben ein solches Projekt politisch schwer zu verkaufen sei. Befürworter kontern, die Arbeit ziele auf Nachhaltigkeit und kulturelle Öffnung: die Figuren bestehen aus Textil-Patchwork und sollen durch das Fehlen individueller Züge den Betrachter zur Projektion einladen - "jeder soll sich in den Figuren wiederfinden können".

In sozialen Medien verbreiteten sich Spott und Entrüstung; konservative Kommentatoren sprachen von Entkernung religiöser Symbolik: Das Jesuskind wurde offenbar aus der Krippe gestohlen, woraufhin die Behörden Ermittlungen ankündigten und die Figur ersetzt wurde. Bürgermeister Philippe Close sowie der Doyen der Kathedrale versuchten in einer Pressekonferenz, die Wogen zu glätten und betonten die Intention von Inklusion und Respekt.

Sozialwissenschaftler kritisiert: "Will keine transreligiöse Krippe"

Auf X kommentiert der bekannte Wiener Sozialwissenschaftler und Meinungsforscher Bernhard Heinzlmaier die "gesichtslose Krippe" so: "Wer inklusive Weihnachtskrippen aufstellt, der hat die Kontrolle über seinen Geist und seine Kultur verloren. Warum muss die christliche Tradition alle integrieren? Kann man unterschiedliche Traditionen nicht einfach nebeneinander stehen lassen? Muss alles vermischt und miteinander verrührt werden? Können nicht Muslime ihre Kultur haben und Christen eine andere? Sollen sich dann alle vor einer ausgewogenen interreligiösen oder ,transreligiösen' Krippe versammeln? Darf es auch etwas geben, in das man sich nicht integrieren muss?"

Und: "In der Schule war ich immer in der Gruppe der gruppenlosen. Gibt es keine Leute mehr, die unabhängig sein wollen? Gibt es keine Nonkonformisten mehr? Und vor allem, gibt es keine Leute mehr, denen eine Kultur, so wie sie gewachsen ist, genügt. Oder ist der Wunsch danach schon verboten und man bekommt eine Hausdurchsuchung, wenn man ihn äußert? Verdammt noch mal, ich will nirgendwo integriert werden und will auch niemanden integrieren. Und ich will in keiner Welt leben, wo alle alles sind."

https://twitter.com/Erzbischof2023/status/1996335821910372460?s=20

Kulturell liefert der Fall der Designer-Weihnachtskrippe einen Klassiker: Städte, die tradierte Symbole zeitgenössisch deuten wollen, scheitern - vor allem wenn die Finanzierung, Kommunikation und kirchliche Traditionen nicht sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Dass die örtliche Kirche dem Projekt zugestimmt hat, reicht nicht, um die Empörung zu dämpfen.

Die gesichtslose Krippe ist auch ein Lehrstück für ein Kommunikationsversagen: Ein inhaltlich erklärtes Ziel der Inklusion löste in der Praxis Empörung aus und bringt der ganzen Stadt am Ende Ärger statt besinnliche Einigkeit.

https://twitter.com/i/status/1995767172736418141