Kellogg: Für den Frieden in der Ukraine müssen nur noch zwei Themen geklärt werden

Der scheidende US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, überraschte die Öffentlichkeit mit Optimismus, als er auf einem Sicherheitsforum in Kalifornien erklärte, ein Abkommen zur Beendigung des Krieges sei "in Reichweite".

Seinen Worten zufolge sind nur noch zwei wichtige Fragen offen: der künftige Status der Region Donbas und das Schicksal des Kernkraftwerks Saporischschja, des größten Energiekomplexes seiner Art in Europa.

Kellogg verglich die derzeitige Verhandlungsphase mit der letzten, schwierigsten Etappe eines Marathons - kurz vor der Ziellinie. Er betonte jedoch, dass gerade diese letzten Fragen in der Regel am kompliziertesten seien, da sie das politische Gesicht der Nachkriegsregelung bestimmen.

Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass, wenn in beiden Fragen ein Kompromiss gefunden werden kann, "sich der Rest von selbst regeln wird".

Er schätzte, dass der Krieg auf beiden Seiten zusammen mehr als zwei Millionen Tote und Verletzte gefordert hat. Obwohl sich sowohl Moskau als auch Kiew weigern, genaue Opferzahlen zu veröffentlichen, deuten US-Schätzungen auf ein Ausmaß der Zerstörung hin, das alle Szenarien aus den ersten Monaten des Konflikts übertroffen hat.

Russische Truppen kontrollieren derzeit etwa 19,2 Prozent des ukrainischen Territoriums, darunter ganz Luhansk, den größten Teil von Donezk und Teile der Regionen Cherson und Saporischschja.

Donbas und Kernenergie

Teil der durchgesickerten US-Vorschläge, die in den letzten Wochen für erhebliche Aufregung gesorgt haben, ist ein Rahmen für die künftige Regelung des Donbass und den Betrieb des Kernkraftwerks Saporischschja.

Nach diesen Dokumenten, deren Inhalt nicht öffentlich bekannt ist, soll das Kraftwerk nach einer eventuellen Einigung unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde wieder in Betrieb genommen werden.

Die Stromerzeugung würde dann zu gleichen Teilen zwischen der Ukraine und Russland aufgeteilt werden. Dieser Vorschlag hat in Kiew und in einigen europäischen Hauptstädten Besorgnis ausgelöst, da er die russische Kontrolle über einen Teil des ukrainischen Territoriums legitimieren würde.

Der heikelste Punkt bleibt jedoch der Donbas selbst. Russland betrachtet fast die gesamte Region als sein Territorium; die Ukraine lehnt dies ab und besteht auf der Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität. Wie Kellogg in Erinnerung rief, ist die Frage der Grenzen und der politischen Regelung des Donbass das Herzstück des gesamten Krieges - und gleichzeitig das größte Hindernis für den Frieden.

Geheime Verhandlungen

In dem Maße, wie der Konflikt in eine neue diplomatische Phase eintritt, nimmt die Bedeutung von Verhandlungen hinter den Kulissen zu. Laut Axios haben die US-Berater von Präsident Donald Trump, Steve Witkoff und Jared Kushner, eine vorläufige Einigung mit ukrainischen und russischen Beamten über eine Reihe von Kompromissen erzielt, die die Grundlage für einen künftigen Friedensvertrag bilden könnten.

Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky führte ein zweistündiges Gespräch mit dem US-Team, das er als "lang und inhaltsreich" bezeichnete. Im Mittelpunkt der Gespräche standen territoriale Fragen und Sicherheitsgarantien.

Diplomatischen Quellen zufolge akzeptierten beide Seiten bestimmte Vorschläge, wenngleich die endgültige Form eines Kompromisses noch nicht in Sicht ist.

Neben den territorialen Fragen zeichnet sich ein weiteres großes Problem ab: die unterschiedlichen Interpretationen der Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Die Vereinigten Staaten sind bereit, Kiew Nachkriegsgarantien zu geben, aber es ist nicht klar, wie diese von den verschiedenen Konfliktparteien oder den europäischen Verbündeten aufgefasst werden.

Diplomaten warnen, dass ohne klar definierte Verpflichtungen jede künftige Vereinbarung in Frage gestellt werden könnte. Aus diesem Grund finden laut durchgesickerten Berichten weitere Geheimverhandlungen statt, wahrscheinlich in Abu Dhabi. Der ukrainische Militärgeheimdienst weigert sich jedoch, Einzelheiten preiszugeben, was auf die Sensibilität des gesamten Prozesses hinweist.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs reisen nach London

Auch in den politischen Zentren Europas herrscht eine Atmosphäre gespannter Erwartung. Die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, des Vereinigten Königreichs und der Ukraine werden sich am 8. Dezember in London treffen.

Es wird erwartet, dass dort die gemeinsame Position des Westens abgestimmt wird, insbesondere in der Frage der Sicherheitsgaranten und der Positionen zu territorialen Zugeständnissen.

Während die US-Unterhändler von einer baldigen Einigung sprechen, sind die europäischen Länder vorsichtiger. Sie befürchten, dass ein zu schneller Kompromiss die Ukraine schwächen und Russland für künftige Aggressionen ermutigen könnte. Darüber hinaus haben einige Hauptstädte ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die durchgesickerten Vorschläge Moskau in entscheidenden Punkten nachgeben.

(reuters, mja)