Piggy-Staatsaffäre, ein Kindesmissbrauchs-Fall, viele Skandale - ein Regierungsanfänger scheitert

Boulevard-Zeitungen würden bei einer aktuellen Auflistung der dramatischen Fehler der NEOS in nur diesem Jahr vielleicht mit "Pinkis, Piggy und Millionen" titeln. Die Situation für unsere krisengeschüttelte Heimat ist aber viel zu ernst, um hier über den koalitionären Steigbügelhalter von ÖVP und SPÖ zu lachen: Die NEOS, die sich selbst als "Reformpartei" bezeichnen, haben in den neun Monaten nicht nur fast alle Fehler der alten Parteien nachgemacht, sondern auch noch selbst neue Pannen und mutmaßlich sogar strafrechtlich relevante Taten geliefert. Wie berichtet, gipfelte das politische Unvermögen nun in einem verbalen Angriff des EU-Politikers Helmut Brandstätter gegen die Vereinigten Staaten.

Statement hat nun jene Skandale und Affären der NEOS aufgelistet, die in den 281 Tagen der Mitregierung am meisten aufgefallen und am intensivsten auf den Social-Media-Plattformen diskutiert worden sind.

Seit dem 3. März 2025 sind die NEOS unter der Führung von Beate Meinl-Reisinger erstmals in einer österreichischen Bundesregierung vertreten - seit damals hat die liberale Partei das ursprüngliche Image eines Hoffnungsträgers bei vielen Österreichern verspielt.

Die ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition unter Kanzler Christian Stocker (ÖVP) versprach Reformen, Transparenz und eine moderne Außenpolitik. Doch neun Monate später überschattet eine Kette von Affären das Bild: Von fragwürdigen Millionenvergaben im Ausland über peinliche Luxusausgaben und Personalskandale bis hin zu diplomatischen Entgleisungen.

Die ersten Aufreger begannen bereits in den ersten Wochen der Regierungsarbeit: Als neue Außenministerin reiste Meinl-Reisinger am 14. März nach Kiew, um Österreichs Solidarität mit der Ukraine zu bekräftigen. Sie versprach nicht nur den Kauf von ukrainischem Getreide im Wert von zwei Millionen Euro für bedürftige Länder im Nahen Osten, sondern kündigte auch umfassende Unterstützung beim Wiederaufbau an. Kritiker, allen voran die FPÖ, warfen ihr vor, die österreichische Neutralität zu unterlaufen – ein Vorwurf, der sich wie ein roter Faden durch ihre Amtszeit zieht.

Meinl-Reisinger vergab 19,3 Millionen Euro an syrische Regierung

Die Kontroverse über die Steuergeld-Verteilung eskalierte dann, als Österreich im Rahmen eines EU-Gipfels in Brüssel 19,3 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Syrien zusagte. Meinl-Reisinger betonte, dies diene der Schaffung von "Perspektiven für die syrische Zivilbevölkerung und eine nachhaltige Rückkehr von Geflüchteten". Die FPÖ konterte: "Meinl-Reisinger verschenkt Millionen an ein islamistisches Regime, während zu Hause gekürzt wird."

Im Oktober folgte eine weitere Verteilungs-Runde: Die NEOS-Chefin versprach für Krisen in der Ukraine, Syrien und Libyen noch mehr Geld. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) lobte die Maßnahme als "wichtige Arbeit", doch die Opposition sah darin eine "unreflektierte Verteilung von Steuergeldern".

Audi-Upgrading und Selbstdarstellung als Nazi-Opfer

Im Frühjahr explodierte auch die Dienstwagen-Affäre um NEOS-Staatssekretär Sepp Schellhorn, den Deregulierer. Schellhorn, bekannt für seine Instagram-Kochvideos und sein Image als "Wut-Wirt", ließ den ihm zugewiesenen Audi A6 – Basispreis 53.500 Euro – gegen einen luxuriösen Audi A8 austauschen. Für eine weitere Eskalation in dieser Causa sorgte Schellhorn selbst: Er verglich die Kritik an seinem Audi-Upgrading mit nationalsozialistischer Propaganda – "historisch unpassend", meinten dazu Historiker und Opposition. Schellhorn sah eine "Neidkampagne" und forderte sogar eine Reform des gesamten Dienstwagen-Regimes.

Die Affäre, die bis Juli nachwirkte, kostete die NEOS in Umfragen wertvolle Punkte und nährte Vorwürfe der Doppelmoral.

Auch im August lieferte die "Reformpartei" einen unfassbaren Skandal - in der Steiermark wurde gegen einen NEOS-Funktionär und Landesbediensteten ermittelt: Der 40-jährige Tatverdächtige soll ein 13-jähriges Mädchen über eine Internet-Plattform kennengelernt und sexuelle Handlungen vorgenommen haben. Die Grazer Staatsanwaltschaft bestätigte das Verfahren wegen Sexualdelikts; der Betroffene trat umgehend zurück und legte alle Mandate nieder. "Ein dunkler Fleck auf der Partei", titelte die "Kronen Zeitung". Die NEOS distanzierten sich rasch, doch der Schaden war enorm.

Drei Personal-Skandale binnen weniger Wochen

Immerhin war der steirische Kindesmissbrauchs-Verdacht der dritte Personalskandal in Folge: So wurde Außenministerin und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Juli vom Fall ihres EU-Botschafters überrascht, der einen frauenfeindlichen Sexblog führte. Der ÖVP-nahe Diplomat musste nach den medialen Enthüllungen über seinen Sadomaso-Blog abtreten – immerhin könnte er damit erpressbar gewesen sein. Und Meinl-Reisinger nutzte diesen peinlichen Fall im Außenamt, um die Personalchefin des Ministeriums (die der ÖVP nahesteht) nach Tokio zu versetzen.

Der Herbst lief für die NEOS dann auch nicht besser: Im November, bei der Eröffnung des Grand Egyptian Museum in Kairo, posierte Beate Meinl-Reisinger in einem goldbestickten Gala-Kleid – ein glamouröser Auftritt, der in Österreich für einen Shitstorm sorgte. Während 7000 Firmenpleiten und Sparbefehle für Pensionisten die Schlagzeilen dominierten, hagelte es Spott. Das Kleid symbolisierte für Kritiker die Abgehobenheit der gesamten Regierung. "In Zeiten der Krise posiert die Ministerin wie eine Diva", kommentierte das die FPÖ. Meinl-Reisinger verteidigte sich: "Diplomatie erfordert auch Repräsentation." Doch der Vorfall in Kairo kombiniert mit einer 15.000-Euro-Party der NEOS bei den Salzburger Festspielen verstärkte den Eindruck, dass politisch komplett unerfahrene Personen die Fraktion führen.

Beate Meinl-Reisinger im Goldkleid Screenshot Instagram
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Goldkleid. Screenshot Instagram

Diese Häufung von Vorfällen hat für die NEOS Folgen: Aktuelle Umfragen zeigen ein Stagnieren der Werte bei 8 bis 9 Prozent.

Attacken gegen Russland - und nun auch gegen die USA

Meinl-Reisinger, die sich als Krisenministerin inszeniert und die Neutralität neu interpretieren will – was Russlands Dmitri Medwedjew mit Drohungen quittierte –, steht vor der großen Herausforderung, ihr Team zu stabilisieren. Die Debatte um eine "zeitgemäße Neutralität", die die FPÖ als Verrat am neutralen Österreich bezeichnet, verschärft den Druck.

Nun folgte aber bereits der nächste große Skandal: Die "Piggy"-Affäre um den in Wien als cholerisch bekannten EU-Abgeordneten Helmut Brandstätter. Am Wochenende nannte der NEOS-Politiker die USA auf X ein "Piggy Land" – eine Anspielung auf Donald Trumps Beleidigung einer Journalistin als "piggy".

Brandstätters Posting, das US-Zensurvorwürfe thematisierte, löste diplomatische Empörung aus: US-Staatssekretärin Sarah B. Rogers konterte scharf: "In Europa darf man Amerikaner als Schweine bezeichnen, verurteilte Vergewaltiger aber nicht." Die FPÖ fordert den Rücktritt Brandstätters; sogar Vizepräsident JD Vance reagierte verärgert.

Der Schaden ist enorm: In einer Zeit transatlantischer Spannungen wirft der Vorfall Fragen nach der politischen Reife der NEOS auf. Meinl-Reisinger schwieg bisher - sie joggte am Feiertag in Altaussee, wie ein Selfie-Video auf Instagram zeigt. Ein Statement der Außenministerin wird erwartet.

Die NEOS-Regierbeteiligung droht im Sumpf der Skandale zu versinken. Für Österreich stellt sich die Frage: Kann eine Koalition überleben, die mehr mit internen Krisen als mit Reformen assoziiert wird?

Helmut Brandstätter Posting Screenshot X
Helmut Brandstätters Posting Screenshot X